Sonntag, 6. Juli 2014

Palliativ Dienst

Samstag:

Man kann es einfach immer noch nicht fassen!

Morgens und Abends kommt jetzt immer jemand vom Palliativ Dienst und versorgt Lao mit Infusionen. Wir stöpseln dann selber ab und Lao spritzt sich dann selbst das Kochsalz hinterher. Damit die Kanüle frei bleibt. Der Ärztin und der Krankenschwester trichtern wir ein, dass Lao auf dem Weg der Heilung ist," bitte,  behandeln Sie ihn nicht als zukünftigen Sterbenden". Mit Sätzen wie:"denken Sie anders, es ist nur eine begrenzte Zeit die sie noch mit ihm haben.." ist uns nicht viel geholfen.  Wir wollen sie bald möglichst nicht mehr in die Wohnung lassen.

Lao ist klar und quicklebendig, ist ein Schelm und macht witze, trotzdem wird uns immer wieder gesagt, dass sein Leben zu Ende geht. Wir können es nicht mehr hören!  Mit Aussagen wie: "es ist nicht mehr wichtig was und dass Lao isst, sein Körper braucht das nicht mehr..". tun die uns einfach nur weh. Was soll das nur? Wir wissen dass Lao eine tödliche Krankheit hat, aber es hilft keinen von uns jetzt in traurige Hoffnungslosigkeit zu verfallen.

Ob er mehr weiß als wir ahnen? Vielleicht weiß er dass er mehr hat als eine ganz gewöhnliche Krankheit...aber er spricht nicht darüber. Manchmal gucken  wir uns sehr lange in die Augen, sein Blick ist tiefgründig und voller Wärme.
Wie kann das nur alles sein?!

Um 13 Uhr kommt wieder Hoffnung in Form von zwei Medizinmännern aus Mexico.  U. a. verordnen sie Lao fünf Tage Ruhe, d.h. keine Besuche. Sie sagen dass sie den Tod sehen, aber es besteht trotzdem ein Funken Hoffnung! Es gibt die Möglichkeit dass er es schaffen könnte. Sie kommen uns in fünf Tagen wieder besuchen.
Wir alle sind sehr bestärkt. Fassen neuen Mut und sind so dankbar für diese neue Hoffnung.

Sehr spät schläft er ein. Gegen 21 Uhr, es ist sehr heiß und er ist so quicklebendig.

Abends beten wir drei, Papa, Odi und ich, mit einer Kerze die jetzt jede Nacht für ihn brennt.

Sonntag:

Lao hat gut geschlafen. drei bis viermal lief er auf die Toilette, da die Flüßigkeit nachts durchläuft, das ist vielleicht nicht so optimal. Und das sollten wir ändern.
Er isst relativ gut.  Anschließend probiert er Bausteine aufzustellen für eine Klickerbahn. Leider klappt die Koordination mit den Händen nicht mehr so gut. Selbst große stabile Bausteine kriegt er kaum aufgestellt.
Erschöpft legt er sich hin. Sein Papa liest ihm vor.

Gegen Nachmittag verliert er die gute Laune. Er ist jammerig und mit nichts zufrieden. Kann man ja auch gut verstehen. Es ist brutal heiß und er kann nicht richtig schlucken. Irgendwie funktioniert das Schlucken nicht mehr so von allein. Der Tumor ist groß und drückt wohl aufs Schluckzentrum.

Ausserdem nur in der Wohnung zu sein, macht ja auch keinen Spaß für einen aufgeweckten sieben Jährigen.
 Aber wie können wir mit ihm rausfahren? Mit den ganzen Notfall Medikamenten... Und wohin?
Die Infusionen nerven, ständig läuft es nicht durch, ständig Pieps Alarm, Lao ist halt zu aktiv, sodass die Kanüle sich ständig verschiebt. Spät um zehn muss der Palliativ Dienst zum dritten Mal an diesen Tag erscheinen und die Kanüle neu legen.
Abkühlung tut gut 
Wasser marsch 


Lao kriegt eine Infusion angehängt 
Montag,
Nach einem Ritual von Anastasia setzt ein jeder von uns einen Samen von einer russischen Zeder in einen Blumentopf. Lao freut sich sehr auf seinen zukünftigen Baum und pfanzt gleich zwei.
Lao haucht den Samen an 
gleich wird der Samen gesetzt
"unter diesen Baum möchte ich immer schlafen". 
Dienstag 
lao geht es so gut, dass die Schwester am Vormittag sagt, sie kommt am Abend nicht mehr. Er kann wieder schluckweise trinken auch sein Cortison schlucken. :)
Gegen Mittag machen wir einen Ausflug zum Britzer Schloss





Von einem Lama hat Lao die Kette mit der heiligen Tara geschenkt bekommen, er liebt sie und trägt sie gerne. Er sagt er sieht darin helle Energie.

Auch sieht er Dinge am Himmel, die wir nicht sehen können.  Kreisförmige Kristalle sagt er.

Wer ist Lao?

Jeder nimmt Lao anders wahr.

Vom Sternzeichen ist er Zwilling und das passt auch zu seinem Wesen, er hat mindestens zwei Gesichter. Er ist sehr beliebt, aber er erzählte immer, dass er keine Freunde hat. Ein Mädchen sagte mir: "Alle Mädchen wollen ihn heiraten."
Er ist sehr sanft, voller Liebe und Mitgefühl und Verständnis.
Er versteht nicht dass Jungs immer kämpfen müssen.
Er kann bestimmt Gedanken lesen und hat sich schon oft als Hellseher bewiesen.
Im Dom zu St. Blasien 3. Mai 


Er kann echt witzig sein und lacht gerne, eine richtiger Strahlemann, aber er hat auch ein andere Seele: manchmal ist er sehr traurig und manchmal ist er einfach weit weg...

und Lao ist gläubig, er betet gerne zu Gott und glaubt an eine höhere geistige Welt. Das Vater unser betet er mit großer Andacht.

Er liebt schöne Lieder, Mantren oder sakrale Gesänge. Mit Begeisterung singt er dann mit einer lauten kräftigen Stimme mit.

Unendlich lange kann er sich konzentrieren und Geschichten von einer heilen Welt hören, aber nur von einer heilen Welt. Er will nichts Trauriges,  Fieses oder Gefährliches hören.

Sein Traumberuf ist Naturbeschützer.





Mittwoch

Heute brauchte den ganzen Tag kein Palliativ Dienst kommen. Lao geht es gut, er kann wieder schlucken, hat großen Appetit und er freut sich des Lebens. :)

Eine Stunde konnte er spazieren gehen, ansonsten liegt er viel auf der Couch und ruht sich aus.

Langsam wissen wir welchen Therapieweg wir gehen werden. Wir recherchieren weiterhin aber wir sind ruhiger geworden und voller Liebe für Lao, mit dem wir fast jede Minute verbringen. Im Hier und Jetzt zu leben, erfahren wir nun mit aller Intensivität und Konsequenz, alles hat sich verändert, Wichtiges wird zum Nichtigen. Das Leben wird neu gestaltet und neu überdacht.

 In dieser besonderen, heiligen Zeit ist er die Sonne und der Mond um das sich alles dreht.






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